Tokio-Bahnhof - Ginza - Kabuki-Theater
Keimzelle Tokios war die Burg von Edo, an deren Stelle sich
heute die Anlagen des Kaiserpalastes erstrecken. Die Stadt
wuchs in südliche und südöstliche Richtung,
dorthin, wo der Sumida-Fluß in die Tokio-Bucht mündete.
Im modernen Tokio schlägt hier das wirtschaftliche Herz:
in Marunouchi, wo sich Banken und Konzerne (das Gelände
gehört zu 80% dem Mitsubishi-Konzern!) konzentrieren,
im Ginza-Viertel, wo alles, was gut und teuer ist, verkauft
wird. Auch Regierung und Verwaltung haben sich nahe des Palastes
angesiedelt. Kultureller Mittelpunkt: das Kabuki-Theater.
Im Herzen Tokios enstand auch relativ früh einer der
großen Verkehrsknotenpunkte der Hauptstadt: der Tokio-Bahnhof.
Rund 3000 Züge fahren hier täglich ab, etwa 1,5Mio.
Menschen steigen ein, aus oder um. Fertiggestellt wurde er
1914, seinen geplanten Abriß konnten Bürgerinitiativen
1988 verhindern. Der sich am Amsterdamer Bahnhof orientierende
Entwurf des Gebäudes stammt von Kingo Tatsuno, einem
der ersten modernen Architekten Japans. Das Erdbeben von
1923 überstand der Bau nahezu unversehrt, doch den Bombenangriffen
im Zweiten Weltkrieg fielen u.a. die beiden Kuppeldächer
zum Opfer. 1956, das Gebäude war zwei Jahre vorher -
ohne Kuppeln - wieder instand gesetzt worden, verpaßte
man dem Bahnhof ein zweites Gesicht: Auf der Yaesu-Seite
(östlich) entstand die Tetsu-kaikan, ein modernistisches
Gebäude. Die Marunouchi-Seite (westlich) blieb glücklicherweise
von solchen Modernisierungsversuchen verschont.
Richtig ins Staunen kommt jedoch erst, wer sich in das Passagenlabyrinth
unter der Ostseite (Yaesu) des Bahnhofs begibt, das wohl
seinesgleichen in der Welt sucht. Hier gibt es nichts, was
es nicht gibt: Geschäfte, Restaurants, Dienstleistungen
aller Art, vom Haarschnitt bis zum Aktiengeschäft. Ganz
besonders spannend, vor allem für Ortsunkundige, ist
die Frage, wo man das Tageslicht wieder erblickt.
Wer jetzt schon durchgeschwitzt und reif für eine Entspannung
ist, dem sei das Tokyo-onsen, eine Zweigstelle des bekannten
Ginza-Badehauses, im Bahnhofsgebäude empfohlen.
Ginza Wer hier die Fifth Avenue von Tokio sucht, wird zwar
ein teures, exklusives und elegantes Einkaufsviertel finden,
nicht aber die avantgardistischen Ideen, die den Ruf der
Ginza einst mitbegründeten. Das Gebiet der heutigen
Ginza war eines der ersten Landgewinnungsprojekte Tokios.
Schon 1603 wurde dieser Teil der Bucht trockengelegt. Es
siedelten sich Handwerker und Künstler an, später
Silberschmiede. 1612 wurde die Münze hierher verlegt,
daher stammt der Name (gin=Silber, ginza=der Platz der Münzprägung).
Ende des 19.Jhs., nach Zerstörung durch einen Großbrand,
wurde das Ginza-Viertel im europäischen Stil wiederaufgebaut.
Im Laufe der Zeit konzentrierte sich hier dann alles, was
westliche Kultur anzubieten hatte. Bald öffneten Cafés,
die zum Treffpunkt von Künstlern und Intellektuellen
wurden. In den 20er Jahren kamen die großen Kaufhäuser
wie Mitsukoshi, Matsuzakaya oder Matsuya hierher. So wurde
die Ginza das modernste und eleganteste Einkaufsviertel der
Stadt. In den 60er Jahren aber verlor die Gegend an Attraktivität.
Die jungen Leute zogen in andere Stadtteile, nach Shibuya
und Shinjuku.
Ein Einkaufsbummel macht vielleicht an Sonn- und Feiertagen
am meisten Spaß, wenn die Ginza - manchmal - für
den Autoverkehr gesperrt ist. Die Geschäfte sind natürlich
alle geöffnet!
Nach der Besichtigung von Kunsthandwerk in den Kaufhäusern
kann man sich im Ginza-Viertel noch einer anderen japanischen
Kunst zuwenden: An der U-Bahnstation Higashi-ginza liegt
die traditionsreichste Kabuki-Bühne der Stadt, Kabuki-za.
Eine Vorstellung dauert fünf Stunden, doch beschränkt
man sich am besten auf die letzten zwei Stunden, die meist
die lebhaftesten sind.
Der Vollständigkeit halber: Südwestlich des Kaiserpalastes
erstreckt sich das Regierungsviertel Kasumigaseki. Die recht
triste Ansammlung von grauen Betonbauten ist nicht der touristischen
Rede wert. In dieser Umgebung wirkt das Parlamentsgebäude
(Kokkai-gijido) fast schon wie ein Wunderwerk architektonischer
Kreativität; das 1936 fertiggestellte Gebäude ist
206m lang und 21m hoch. Der Turm über dem Haupteingang
ragt 65,5m in die Höhe. Nördlich des Parlaments
liegen die Parlaments-Bibliothek (Kokuritsu-kokkai-toshokan),
das Nationaltheater (Kukuritsu-gekijo) und der Oberste Gerichtshof
(Saiko-saibansho).
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