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Tokio und Tokioter
Seit 1603 ist Tokio politisches Zentrum, seit 1868 Haupt- und Residenzstadt. Zum kulturellen und wirtschaftlichen Herzen Japans entwickelte es sich jedoch erst nach dem Zweiten Weltkrieg. Bis dahin war das Kansai-Gebiet mit den Städten Kyoto, Osaka und Kobe der Hauptstadt fast ebenbürtig. Doch mit der rasanten wirtschaftlichen Entwicklung Japans seit Mitte der 50er Jahre, die durch ein enges Zusammenspiel zwischen Ministerialbürokratie, Großindustrie und Regierungspartei gekennzeichnet war, setzte eine unaufhaltsame Konzentrationsbewegung ein.

In Tokio haben circa zwei Drittel aller großen japanischen Konzerne ihre Zentrale; hier wird ungefähr ein Drittel des Bruttosozialprodukts erwirtschaftet und der Großteil der japanischen Aktien gehandelt. Die Tokioter Börse gehört neben New York und London zu den führenden Aktienmärkten der Welt.
Natürlich sind hier auch die wichtigsten Universitäten des Landes angesiedelt, allen voran die Todai (Universität Tokio). Neben den rund 100 Hochschulen bieten unzählige private Fachschulen berufsorientierte Ausbildungsgänge - vom Computerspezialisten über den Modedesigner bis hin zum Comic-Zeichner.

Auch die künstlerische Elite des Landes gibt sich in Tokio ein Stelldichein. Dies hängt zum einen mit dem reichhaltigen Angebot an Museen, Privatgalerien, Theatern und Konzerthallen zusammen, zum anderen locken die finanzstarken Sponsoren der Metropole, die die Schönen Künste aus Reputations- und Werbegründen fördern.

Tokio wächst und wächst, mit all den Negativfolgen zum Trotz, unter denen die japanische Hauptstadt nun schon seit Jahren zu leiden hat: Problem Nummer eins: Die Müllflut. Täglich sind es 12 000 Tonnen. Die Frage: Wohin damit. Recycling war bis vor kuryem noch ein Fremdwort. Die zwölf Verbrennungsanlagen sind daher voll ausgelastet. Bis zum jahre 2010 sollen zehn neue Anlagen gebaut werden. Doch die Bevölkerung wehrt sich zunehmend gegen Gestank und Umweltverschmutzung Und die Asche muß auch irgendwo abgeladen werden. Dafür und für den nicht-brennbaren Müll und Bauschutt gibt es praktisch nur einen Platz: Die Bucht von Tokio. Riesige Müllinseln enstanden. Aber Ende 1996 waren alle Bucht-Deponien voll. Nach vierjährigen Verhandlungen mit der Fischereigenossenschaft in der Nachbarpräfektur Chiba konnte 1995 schließlich eine neue Müllinsel gesichert werden, 480ha groß. Die 19 000 Fischer bekamen 1 Milliarde Yen an Kompensation, rund DM 600 000 pro Person. In gut 20 Jahren geht die Suche weiter.

Möglicherweise müssen die Tokioter auch bald die Wünschelruten auspacken und auf Wassersuche gehen: In den letzten Jahren drohte der Hauptstadt und den Nachbarpräfekturen häufig saisonale Wasserknappheit. Dann führt das Flußsystem des Tone-gawa - mit seinen acht Dämmen die Hauptwasserquelle von Tokio - weniger Wasser. Der Grund: geringere Niderschläge während der Regenzeit im Frühsommer und kaum Schnee im Winter.

Weitere Umweltprobleme trotz sinkender Meßwerte: Der nach wie vor hohe NOx-Gehalt der Luft durch LKW-Emissionen sowie der nervenbelastende Lärmpegel an den wichtigsten Verbindungsstraßen. Ganz generell: Überbevölkerung und Verkehrschaos haben die Grenzen des Erträglichen erreicht.

Eine Lösung des „Problems Tokio“ ist nicht in Sicht. Vorschläge gab es und gibt es genug: Vom Neubau einer Retorten-Hauptstadt bis zu Projekten von zukunftsorientierten Architekten und High-Tech-Ingenieuren, die neben einer künstlichen Inseln in der Bucht von Tokio auch eine Total-Untertunnelung der japanischen Hauptstadt vorsehen. Doch das ist alles Zukunftsmusik; im Moment heißt die Devise für Tokioter wie für Besucher der Hauptstadt: „Shoganai - gaman shimasho“ („Da kann man halt nichts ändern, ertragen wir es eben“).

Japanischen Werbefachleuten ist er zu verdanken: Der Begriff, der das städteplanerische Chaos und das Lebensgefühl der Tokioter auf einen neuzeitlichen Nenner bringt - “concrete jungle”. Der Beton-Dschungel: unförmige, häßliche Wohnsilos, mehrstöckige elegante Apartementgebäude und mächtige, majestätische Wolkenkratzer. Dazwischen drängeln sich unzählige Einfamilienhäuser in allen Größen und Formen. Wie Riesenschlangen winden sich S-Bahntrassen und die Stadtautobahn durch das gewaltige Betonmeer.

Die Hauptstadt wirkte auf die Japaner wie ein Magnet. Vor allem in den Sechziger und Siebziger Jahren, als Japan zur Superwirtschaftsmacht aufstieg. Aus allen Landesteilen strömten sie nach Tokio - zum Arbeiten, zum Studieren oder - ganz einfach - zum Mitdabeisein. Knapp 8 Millionen Einwohner leben in der Stadt (23 Bezirke), darunter nicht ganz 100 000 Koreaner, über 77 000 Chinesen, gut 2000 Deutsche, mehr als 500 Schweizer und circa 200 Österreicher. Rund 12 Millionen Einwohner zählt die Präfektur. Doch das ist nur die verwaltungstechnische Grenze. Der Beton-Dschungel ertreckt sich weiter: In einem 50km-Radius um den Kaiserpalast leben 30 Millionen Menschen, die Millionenstädte Yokohama und Kawasaki eingeschlossen. Das bedeutet: Ein Viertel der Bevölkerung Japans drängt sich auf nur 3,6 Prozent der Gesamtfläche Die Wohnungen sind dementsprechend klein, die Anfahrtwege lang und beschwerlich. Die Statistik gibt Auskunft: Rund 50 qm2 hat eine typische 3DK-Wohnung (3 Zimmer mit Küche und Bad) in guter Lage. 45 Minuten Fahrt ins Zentrum. Viele der (statistisch: vierköpfigen) Familien optieren jedoch für die Alternative: 100m2 Eigenheim mit winzigem Garten und eineinhalb Stunden Fahrt.

Rushhour in Tokio - eines der lehrreichsten Abenteuer im Beton-Dschungel. Die Auslastungsskala spricht Bände: 200% - eng, aber Ellbogenfreiheit, lesen ist nicht unmöglich; 250% Hände lassen sich nicht bewegen; 300% nichts bewegt sich, nur die Masse Mensch. 5 Jahre seines Lebens verbringt ein statistisch typischer Angestellter mit Arbeitsplatz Tokio in S- oder U-Bahn. Sie dürfen sich freuen: Die durchschnittliche Auslastung soll in den Stoßzeiten auf 180% gesenkt werden. Dann kann man Zeitung lesen - zusammengefaltet.
Erst Anfang der Neunziger Jahre nahm der Zustrom ab. Ein neues Phänomen war zu beobachten, “U-Turn” genannt. Gute Berufschancen, mehr Wohn- und Lebensqualität und die Entwicklung und Modernisierung der regionalen Zentren Japans ließen viele Wahl-Tokioter in ihre Heimat zurückkehren. 1995 war die Zahl der Tokio-Abwanderer zum ersten Mal größer als die der Tokio-Zuwanderer. Doch der Trend hat nicht angehalten.
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